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Geschrieben von Christian Dolle am 15. November 2017
Kultur und mehr

Der Geist und die Coolness der Heimat

Harzer Sagenlesung mit Carsten Kiehne in der Buchhandlung Moller

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Carsten Kiehne....
Carsten Kiehne....
...neben einem weniger prominenten Besucher.
...neben einem weniger prominenten Besucher.

Im Harz gibt es einen unglaublichen Reichtum an Sagen und Legenden. Wenn diese allerdings nicht überliefert werden, stirbt mit ihnen auch das alte Wissen, welches unsere Vorfahren in diese Geschichten verpackt haben. Genau das ist der Grund für Carsten Kiehne und sein Team von Sagenhafter Harz, durch den Harz zu reisen, sich an möglichst vielen Orten die dortigen Sagen erzählen zu lassen und sie aufzuschreiben.
Allerdings schreibt er sie nicht nur auf und verkauft seine Bücher, er stellt sie auch noch auf ganz besondere Weise vor. Davon konnten sich am vergangenen Freitag (10.11.17) die Zuhörer in der Buchhandlung Moller überzeugen. Nach einer Begrüßung mit Punsch und Kanapees vom benachbarten Café Schnibbe nahmen alle Platz und erwarteten eine Lesung mit alten Geschichten aus der Region. Doch weit gefehlt.

Hexen, Jungfrauen, germanische Götter und Kalk statt Mehl

Natürlich sind die eigentlichen Sagen alt, nicht aber die Art und Weise, wie Carsten Kiehne sie vorträgt. Er liest nicht, nein, er singt, spielt, interagiert mit seinem Publikum und lässt die Geschichten um Hexen, Jungfrauen und germanische Götter lebendig werden. So beispielsweise eine Sage um die Mönche aus Walkenried, die den Bauern aus der Umgebung damals nicht den zehnten Teil nahmen, sondern es viel wirtschaftlicher fanden, ihnen nur den zehnten Teil zu lassen. Eine Frau aus Bad Lauterberg wollte das nicht auf sich sitzen lassen und mischte dem Mehl, das sie den Mönchen abgeben musste, deshalb Kalk unter. Das wiederum bekam den Herren des Klosters gar nicht gut, was Carsten Kiehne in die Moral der Geschichte verpackte, die da lautet: „Wollt fremdes Mehl ihr backen, trifft euch der Blitz beim Kacken.“

Cooler Harz

Mit dieser Mischung aus Heimatgeschichte und Heiterkeit ging es weiter, viele Zuhörer konnten sich vor Lachen nur mühsam auf den Stühlen halten und auch Gastgeberin Susanne Kinne zeigte sich vollkommen begeistert. „Noch vor zehn Jahren hätten wir eine solche Lesung gar nicht anbieten können“, sagte sie, „doch in den letzten Jahren hat sich so vieles entwickelt, das zeigt, wie cool der Harz eigentlich ist, dass hier jetzt ein völlig anderer Geist weht.“

Nicht nur um Coolness geht es Carsten Kiehne, sondern auch darum, die Vergangenheit lebendig zu halten. Häufig gehe er auch in Altenheime, erzählte er. „Dann erzähle ich dort eine Geschichte, vielleicht auch noch eine und dann höre ich einfach nur zu. Weil die Alten dann anfangen zu erzählen. Erinnerungen an früher aber auch alte Sagen aus der Gegend , die sie noch kennen.“ Durch diese Erfahrungen komme er dem Geist der Heimat auf die Spur.

Alte Wahrheiten und die Essenz der Orte

Für ihn besteht die Sage ganz buchstäblich aus der Sachinformation, die alte Wahrheiten vermittelt, der Ahnung, die oft eine moralische Botschaft unserer Vorfahren transportiert, dem Gefühl, also dem Lauschen mit dem Herzen, das uns Kraft geben kann und zuletzt der Essenz, die er als die eigentlich Wirkung der in der Geschichte beschriebenen Orte bezeichnet.

Daher rät er, nicht nur Kindern diese Geschichten weiterzugeben, sondern auch dazu, einmal selbst an diese Orte zu gehen, sie zu spüren und damit ein ganz neues Heimatgefühl zu entwickeln.
„Ja, ich habe 'ne Macke“, kommentierte er abschließend, „aber ich denke, die haben wir alle und diejenigen, die es zugeben, sind letztlich noch die harmlosesten.“ Einige seiner Zuhörer hat er an diesem Abend auf jeden Fall mit seiner Macke angesteckt. Vielleicht sieht man sie ja schon bald durch den Harz wandern und ebenfalls Ausschau nach den vielen Geschichten der Region halten.


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