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Geschrieben von Karl Heinz Bleß am 19. Juni 2018
Aktuell

Schmerztherapie bei Herzerkrankten ist nicht ganz einfach

Kirchberg-Klinik: Oberärztin Dr. Barbara Bialucha-Nebel sprang bei Ärztefortbildung ein

War mit ihrem Fachvortrag kurzfristig eingesprungen: Oberärztin Dr. Barbara Bialucha-Nebel.
War mit ihrem Fachvortrag kurzfristig eingesprungen: Oberärztin Dr. Barbara Bialucha-Nebel.
Referentin Dr. Barbara Bialucha-Nebel und Chefarzt Dr. Ernst Knoglinger.
Referentin Dr. Barbara Bialucha-Nebel und Chefarzt Dr. Ernst Knoglinger.

Eine sachgerechte Schmerztherapie ist bei Herzerkrankten nicht ganz einfach. Vor allem sind die Risiken und Nebenwirkungen zu bedenken, die auftreten, weil die Patienten ohnehin spezifische Medikamente einnehmen müssen. Über dieses Thema sprach die Oberärztin in der Kirchberg-Klinik, Dr. Barbara Bialucha-Nebel. Sie war mit ihrem Fachvortrag eingesprungen, weil der eigentliche Referent des Abends akut verhindert war. Chefarzt Dr. Ernst Knoglinger, der zu dieser Fortbildung Ärzte aus der Region eingeladen hatte, war froh, die Gäste nicht unverrichteter Dinge wieder verabschieden zu müssen, sondern trotzdem ein interessantes Fachthema anbieten zu können.

 

Schmerzleidende brauchen schnell Hilfe

Wenn ein Patient zu einem Arzt kommt und sagt: „Es tut weh“, dann reicht die Aussage für eine Therapie noch lange nicht. Es gilt dann, gemeinsam die Art des Schmerzes und die Ursache einzukreisen. Der Schmerz kann ein Warnsignal des Körpers sein oder die Folge einer Störung. Auch die Intensität des Schmerzes kann sehr unterschiedlich sein. Das gilt es herauszufinden.

„Es gibt Menschen ohne Schmerz“, überraschte die Oberärztin. Es gebe etwa einhundert Menschen weltweit, die überhaupt keinen Schmerz empfinden. Doch sei das nicht erstrebenswert, weil diese sich häufig schon als Kinder schwer verletzten „und in der Regel nicht sehr alt werden“. Schmerz habe für das Leben also eine ganz wichtige Schutzfunktion.

Trotzdem vertrat sie die Ansicht, dass es nicht zumutbar sei, Menschen mit Schmerzen nicht zu behandeln oder erst tagelang die beste Therapie abzuklären. Schmerzleidende brauchten schnell Hilfe. Die Referentin gab zu bedenken, dass Schmerzen die Herzerkrankung auch negativ beeinflussen können, weil beispielsweise erhöhter Blutdruck auftritt, die Herzfrequenz steigt, der Appetit vergeht und damit Verdauungsprobleme eintreten können. Selbst Muskelkrämpfe könnten durch Schmerz ausgelöst werden. Deshalb sollte es das Ziel sein, dass die Schmerzen wenigstens erträglich sind.

 

Therapien ganz ohne Chemie

Die Referentin sprach eine ganze Reihe von Schmerzarten an, angefangen von Schmerzen nach einer Operation bis hin zu Schmerzen, die durch Nerven verursacht werden. Oft könne man sich Eltern von Kindern zum Vorbild nehmen, wie diese reagieren, wenn die Kinder mit Schmerzen kommen: Sie pusten, nehmen das Kind in den Arm, geben Hoffnung auf Besserung und setzen auf Vertrauen. Wer sich und seinen Schmerz verstanden wisse, so ihr Fazit, fühle sich schon gleich deutlich besser. Als Therapie führte sie eine ganze Reihe von „Hausmitteln“ und physische Behandlungen an: Wärme mit Rotlicht, Wärmflasche, heißes Bad und Heusack, oder Kälte wie kaltes Wasser bei Schwellungen, kalte Wickel, Lehm- und Eispackungen.

Auch Ultraschall helfe in manchen Fällen, Reizstrom, Röntgenbehandlung, Krankengymnastik, Massage, Chirotherapie, Schröpfen oder Akupunktur. Das sei eine ganz breite Palette, die völlig ohne Chemie auskomme.

Weiter gab die Ärztin zu bedenken, dass eine psychologische Begleitung wichtig sei. Das beginne bei Fragen, wie alles angefangen habe, über Schmerzbewältigung, Entspannung und führe zu Maßnahmen, eine soziale Unterstützung des Schmerzpatienten zu mobilisieren. Gerade wenn der Schmerz psychologische Ursachen habe, sollte man da ansetzen, etwa bei Stressbewältigung und Entspannungsübungen. Auch sprach sie Gesprächstherapien an und Verhaltensänderungen.

 

Herzpatienten sollten Schmerzmittel vorsichtig dosieren

„Bisher ging es um Therapien ganz ohne Chemie“, stellte sie fest. Bei Medikamenten, die über das Einreiben mit Voltaren hinausgehen, gelte es, bei Herzpatienten auf die Nebenwirkungen zu achten. Deshalb sollte man bei der Dosierung vorsichtig sein. Sehr ausführlich sprach sie etwa über Paracetamol, ASS oder Diclofenac. Bei Herzpatienten sei in der Regel eine niedrigere Dosis zu empfehlen, um das Risiko unerwünschter Nebenwirkungen zu begrenzen. Bei Opiaten riet sie dringend zu einem festen Einnahmeschema.

Auch über Unterschiede bei der Therapie von Männern und Frauen sprach die Oberärztin. So werde die Schmerztoleranz bei Frauen oft als höher eingeschätzt als sie tatsächlich ist. Denn Frauen seien im Durchschnitt schmerzempfindlicher als Männer, aber rothaarige hellhäutige Frauen weniger. Weiter berichtete sie aus der Forschung, dass Männer mit nachlassender Testosteronproduktion auch schmerzempfindlicher werden, so dass bei einem Alter von 80 Jahren die Unterschiede allmählich verschwinden.


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