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Geschrieben von Gordy am 18. August 2015
Kultur und mehr

"Dreigroschenoper" mit Biss

Bei der Eröffnung der "Lauterberger Musiktage" hatte nicht nur der Haifisch Zähne

Höhepunkt der Eifersuchtschlacht zwischen Polly und Lucy war ein Biss in den Po
Höhepunkt der Eifersuchtschlacht zwischen Polly und Lucy war ein Biss in den Po
Spelunken Jenny lauscht dem "Orchester"
Spelunken Jenny lauscht dem "Orchester"
Polizist Brown und Gangster Mackie Messer - zwei schlimme Finger
Polizist Brown und Gangster Mackie Messer - zwei schlimme Finger
Was sind denn das für Tischmanieren...
Was sind denn das für Tischmanieren...
Irgendwie schamlos - aber so war die Polly eben
Irgendwie schamlos - aber so war die Polly eben
Kein Erbarmen mit Lucy
Kein Erbarmen mit Lucy
Da hat der alte Peachum noch so Einiges mit Spelunken Jenny zu klären
Da hat der alte Peachum noch so Einiges mit Spelunken Jenny zu klären
Am Schluss kam der königliche Reiter mit erstaunlichen Botschaften
Am Schluss kam der königliche Reiter mit erstaunlichen Botschaften

Ganz anders, als in den vergangenen Jahren und damit dem diesjährigen Leit-Thema folgend, präsentierte sich die Eröffnungsveranstaltung der Bad Lauterberger Musiktage im Haus des Gastes am vergangenen Samstag (15.8.15).

Das Hamburger Kleinkunst-Ensemble „Bittersüß“, neuerdings unter dem Namen „The Weber Artists“ agierend, brachte mit seiner sehr speziellen Inszenierung der Dreigroschenoper eine rasant- brisante Vorstellung, gespickt mit allerlei „Wow-Effekten“ auf die Bühne.
Die erstmals 1928 aufgeführte Oper, die im Gangster- und Rotlicht-Milieu Londons angesiedelt ist, mit Texten von Bertolt Brecht und Musik von Kurt Weill, besser wäre eigentlich die Bezeichnung Singspiel oder etwa auch Musical, erfuhr in der Bearbeitung von Ensemblechef Bernhard Weber eine Minimierung auf das Wesentliche. Verzichtet wurde in dieser sogenannten „Dachkammerversion“ auf umfangreiche Kulissen, aufwändige Kostüme und technischen Schnick-Schnack. Selbst einige einzelne Protagonisten des Originalbuches fielen der Minimierung zum Opfer. Das „Orchester“ bestand lediglich aus Klavier (Eva Barta) und Resonanz-Gitarre (Matthias Weber) und war für diese Art der Aufführung völlig ausreichend, vielleicht sogar angemessen.
Die Thematik dieses wohl bekanntesten Brecht-Werkes ist - und das ist das Erstaunliche – noch oder wieder genauso aktuell, wie bei seiner Uraufführung. „Erst kommt das Fressen, dann die Moral“, ist ein prägender Satz, mit dem Brecht auf Gier, Korruption, Nadelstreifenkriminalität und Armut aufmerksam machen will.

Auch die „Moritat von Mackie Messer“, der „Kanonensong“ oder der Song der „Seeräuber-Jenny“ fehlten an diesem Abend natürlich nicht.
Inhalt kurz erzählt: Der Londoner Zuhälter und Gangster Mackie Messer, hervorragend dargestellt von Tom Keidel, gibt sich als feiner, dandyhafter Pinkel, ist aber ein durch und durch verdorbener, übler Bursche. Dass er gemeinsam mit dem Chef von Scotland Yard, „Tiger“ Brown (Matthias Weber) als Soldat gedient hat, ist der einzige Grund, der ihn vor dem Londoner Gefängnis Old Bailey bewahrt. Andererseits hält ihn die kumpelige Verbindung zu Brown auch nicht davon ab, dessen Tochter Lucy (Claudia Christiane Goldbach) mal eben zu schwängern.
Als Mackie dann allerdings den üblen Geschäften von Bettlerkönig Jonathan Jeremiah Peachum (Bernhard Weber) und dessen Frau Celia (Gunda Weber) etwas zu nahe kommt, weil er deren Tochter Polly spontan heiratet, hat er ohne es zu ahnen, den ersten Spatenstich zu seinem eigenen Grab gemacht. Denn jetzt heuert der alte Peachum die Spelunken-Jenny an und bietet ihr Geld, damit sie ihren ehemaligen Zuhälter Mackie an den Galgen bringt. Die Denunzierung klappt auch wie geplant und Mackie wird der Strick um den Hals gelegt. Doch dann passiert das Unglaubliche: Ein königlicher Reiterbote kommt und verkündet nicht nur seine Begnadigung sondern gibt noch obendrein bekannt, dass Mackie geadelt wird und eine monatliche Apanage erhält. Eine fast erschreckende Bestätigung für die Moral von der Geschicht: „Trau den Nadelstreifen nicht“.

Das Szenario strotzte nur so vor schlüpfrigen, zotigen Sprüchen und Kraftausdrücken, die manchmal zwar ziemlich grenzwertig erschienen aber wohl doch absolut in Brechts Sinn waren. Eine kleine Schrecksekunde machte sich beim Publikum bemerkbar, als Polly Peachum ihren Ehemann Mackie kurzerhand seiner Hose entledigte und ihn auf dem Küchentisch vernaschte. Polly und Jenny wurden in einer Doppelrolle von Suntje Freier äußerst mitreißend und beeindruckend dargestellt. Ein absoluter Hingucker war der Eifersuchtskrieg zwischen Polly und Lucy Brown, der mit einem kräftigen Biss in Pollys Allerwertesten endete.
Das am Ende begeisterte Publikum erlebte eine „Dreigroschenoper“ von ebenso besonderer, wie sehenswerter Art.


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