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Geschrieben von Peter Bischof (Förderverein Schloss Herzberg) am 02. Mai 2018
Vereine und Verbände

Wurst, Schinken und Verwandte an der Wand

Der Historiker Edgar Müller hat über die Bautätigkeit am Schloss Herzberg zu Zeiten Herzog Christian Ludwigs referiert

Christian Ludwig ließ den Sieberflügel des Schlosses bauen. Heute residiert hier das Amtsgericht.
Christian Ludwig ließ den Sieberflügel des Schlosses bauen. Heute residiert hier das Amtsgericht.
Der Leichnam von Anna Eleonore wurde erst drei Monate nach ihrem Tod aus Herzberg zu ihrem Begräbnis in Celle gebracht. Dieses Ölgemälde der Herzogswitwe hängt im Rittersaal des Welfenschlosses. Eine Leihgabe des Fördervereins Schloss Herzberg.
Der Leichnam von Anna Eleonore wurde erst drei Monate nach ihrem Tod aus Herzberg zu ihrem Begräbnis in Celle gebracht. Dieses Ölgemälde der Herzogswitwe hängt im Rittersaal des Welfenschlosses. Eine Leihgabe des Fördervereins Schloss Herzberg.
Edgar Müller bei seinem Vortrag im Rittersaal. (Fotos: Förderverein Schloss Herzberg)
Edgar Müller bei seinem Vortrag im Rittersaal. (Fotos: Förderverein Schloss Herzberg)

Wir hängen uns heutzutage Fotos unserer Familienangehörigen an die Wand, stellen sie im Digitalbilderrahmen auf den Schreibtisch oder haben sie im Handy gespeichert. Die Herzöge im Herzberger Welfenschloss ließen in früheren Jahrhunderten ihre Familien in Öl malen und hängten sie als Gemälde an die Wand.

80 Gemälde wurden bei einer Aufnahme des Inventars des Schlosses im Jahr 1736 gezählt, 66 in den Räumen der herzoglichen Familie, weitere 14 hingen in der Kapelle.

Leider, bedauert der Historiker Edgar Müller aus Adelebsen, sind alle 80 Gemälde heute nicht mehr vorhanden, sie seien zumindest zum Teil vermutlich in die Welfen-Residenzen in Hannover und Celle gebracht worden.

 

Küchenschildereien

Die meisten dieser Bilder, so Müller, seien so aufgehängt gewesen, dass sie Bezug auf die Räume nahmen, in denen sie hingen. Neben den Familienportraits hingen zum Beispiel im damaligen großen Esssaal sogenannte „Küchenschildereien“, also Gemälde, auf denen essbare und jagdbare Tiere dargestellt waren. Ein Bild zeigte einen Schinken und eine Wurst, ein anderes einen Kalbskopf und gerupfte Vögel.

Ob es gelingen könne, aufgrund der Inventarliste von 1736 das eine oder andere Bild wiederzufinden, vermöge er nicht zu sagen, so Müller. Auf jeden Fall seien diese Bilder aber auch bereits 1665 vorhanden gewesen, als die älteste überlieferte Inventarliste angefertigt wurde. Nur seien die Gemälde zu der Zeit nicht wichtig gewesen und deshalb nicht aufgeführt worden.

 

Überblick über das Erbe

Edgar Müller berichtete in der vergangenen Woche (KW 17/2018) im Rahmen der Schlossvorträge des Fördervereins Schloss Herzberg über die „Bautätigkeit am Schloss Herzberg am Ende des 30-jährigen Krieges“ und „Herzog Christian Ludwig als Bauherr“. Er erläuterte diese Aktivitäten den Zuhörern im Rittersaal in erster Linie anhand der Inventarliste aus dem Jahr 1665. Dieses Inventar wurde angelegt, nachdem Herzog Christian Ludwig gestorben war und sich seine Brüder Johann Friedrich und Georg Wilhelm einen Überblick über ihr Erbe verschaffen wollten.

„Christian Ludwig hatte 1649 die Herrschaft über den lüneburgischen Teil der welfischen Lande übernommen. Dazu gehörte auch das sogenannte Fürstentum Grubenhagen mit Herzberg.“ Für Herzberg habe die Regierungsübernahme durch Christian Ludwig eine besondere Bedeutung gehabt, erklärte Müller. Er soll den Sieberflügel, den Uhrenturm und den Grauen Flügel errichtet haben.

 

Herzberger Jagdtapete und wertvolle Nägel

Die Herzberger Jagdtapete sei von etwa 1650 bis 1750 unbestritten das bedeutendste Ausstattungsstück des Schlosses Herzberg gewesen, so Müller. Heute befindet sie sich im sogenannten Fürstenhaus-Museum in den Herrenhäuser Gärten in Hannover. Erstaunlich sei, dass vielen Dingen in früheren Zeiten ein ganz anderer Wert als heutzutage zugemessen wurde. „Ein Nagel ist für uns heute kaum der Rede wert“, so Edgar Müller. Das sei im 17. Jahrhundert ganz anders gewesen. „Ein Nagel ist aus Metall, und das machte ihn wertvoll. Deshalb wurde jeder einzelne in der Inventarliste verzeichnet.“

Erstaunlich aus heutiger Sicht ist auch, dass im Wohnzimmer des Herzogs Christian Ludwig ein großer Spiegel vorhanden war, in den Räumen der Herzogin Dorothea aber keiner verzeichnet war. Gleiches gilt für eine Garderobe – der Herzog hatte eine, die Herzogin nicht. Zudem stand im Schlafzimmer des Herzogs ein französisches Bett, auf dem Fußboden lag allerdings nur eine Strohmatte. „Die Teppiche hängte man seinerzeit an die Wand“, so Edgar Müller schmunzelnd.

 

Bauen auf Pump

1645 habe Anna Eleonore, die Mutter von Christian Ludwig, auf Herzberg ihren Witwensitz bezogen, so Müller weiter. Sie begann, den Grauen Flügel neu zu bauen. Der war im Jahre 1648 fertig, allerdings beklagten die Herzberger Maurer, Zimmerleute und Dachdecker, dass die Herzogin noch erhebliche Schulden bei ihnen hatte.

Erwähnenswert, so Edgar Müller, sei noch das sogenannte Gelbe Gemach. Mit ihm habe es noch eine besondere Bewandtnis. „Hier wurde der Leichnam der Anna Eleonore aufgebahrt – und zwar weit über drei Monate lang. Anna Eleonore war am 6. Mai 1659 verstorben und wurde erst zu ihrem Begräbnis, das am 31. August 1659 stattfand, nach Celle überführt.“

Man habe, erläuterte Müller auf Nachfrage, zu jener Zeit die Leichname in Segeltuch gewickelt, mit heißem Wachs konserviert und dann im verschlossenen Sarg aufgebahrt.

 

Leerer Sieberflügel

Die Bauarbeiten am Sieberflügel begannen im Jahre 1660. Christian Ludwig wollte Herzberg neben Celle zu einer repräsentativen Nebenresidenz ausbauen lassen. „Sicherlich, um von hier aus auf die Jagd im Harz zu gehen“, so Müller. Als im Jahre 1665 der Sieberflügel errichtet war, starb Bauherr Christian Ludwig.

Das habe, wie das Inventar belegt, Konsequenzen gehabt. Im Sieberflügel gab es, außer in den Wirtschaftsräumen im Erdgeschoss, keinerlei Ausstattung. „Die herrschaftlichen Räume im ersten und zweiten Stock waren leer, die Wände kahl, es gab weder Möbel noch Tapeten oder Wandbespannungen.“

Der oder die Bediensteten, die das Inventar aufnahmen, hätten stattdessen verzeichnet, was es an Wertvollem im Sieberflügel gab: Glasfenster, gusseiserne Öfen und Metallbeschläge an Türen und Fenstern. „Und dazu gehörten eben auch die bereits erwähnten Nägel.“


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